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Trübe Wolken

ein Film von Christian Schäfer

Deutschland 2021, 104 Minuten, deutsche Originalfassung

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Trübe Wolken

Der 17-jährige Paul interessiert sich für seltsame Dinge: für Schleichpfade und verlassene Gebäude, geflüsterte Gespräche und liegengelassene Taschen. Ansonsten hat der stille Einzelgänger scheinbar keine Eigenschaften. Auf seine Mitschülerin Dala und seinen kunstsinnigen Lehrer Bulwer, die von verborgenen Sehnsüchten getrieben werden, übt er gerade deswegen eine merkwürdige Faszination aus. Bis eines Tages ein Jugendlicher tot im Wald aufgefunden wird …

Nebel, Dunst und dunkler Schauer. In Christian Schäfers vielschichtigem Regiedebüt „Trübe Wolken“ bricht sich das Unheimliche vom Grund der tristen Normalität eines grauen Provinzstädtchens unaufhaltsam Bahn. Schäfers Coming-of-Age-Thriller ist nicht nur ein atmosphärisch dichtes Außenseiterporträt, sondern erzählt auch eindrucksvoll von einer Gesellschaft, in der dysfunktionale Kommunikation und „perfekte Durchschnittlichkeit“ gewaltiges Unheil anrichten. Neben Kinostar Devid Striesow glänzen die beiden Newcomer Jonas Holdenrieder und Valerie Stoll in den Hauptrollen.

Langinhalt

Paul lebt mit seinem kleinen Bruder Silas und den Eltern in der unscheinbaren Wohnsiedlung eines grauen Provinzstädtchens, irgendwo in Deutschland. Einsam und ziellos streift er durch das Niemandsland der Wälder, über Schleichpfade und vorbei an Ruinen. In der Ortschaft regiert Tristesse, gäbe es da nicht einen anonymen Steinewerfer, der nachts sein Unwesen treibt und Autounfälle verursacht.

Paul interessiert sich für seltsame Dinge: für verlassene Gebäude, geflüsterte Privatgespräche und liegengelassene Taschen argloser Menschen. Er wirkt nett und höflich – und ist ansonsten ein Jugendlicher ohne Eigenschaften. In dieser Undurchsichtigkeit bietet er seinen Mitmenschen die ideale Projektionsfläche für ihre eigenen Sehnsüchte. Wie seiner Mitschülerin Dala, die sich in den stillen Außenseiter verliebt, der sie immer beim Theaterspielen aus dem Dunkel der Sitzreihen beobachtet. Oder seinem extrovertierten Klassenkameraden Max, der in Paul endlich jemand gefunden zu haben glaubt, der ihn ernst nimmt.

Im Projektkurs werden die Schüler vom kunstsinnigen Lehrer Bulwer unterrichtet. Einzig Paul erregt seine Aufmerksamkeit durch ein Heft mit handgeschriebenen Gedichten. Bulwer glaubt seine eigene Sensibilität in dem Jungen wiederzuerkennen und lädt ihn zu sich nach Hause ein, um gemeinsam an Pauls Fotoprojekt zu arbeiten.

Doch eines Tages steht die Kriminalpolizei in Pauls Klasse. Ein Junge, der neu auf der Schule war, wurde tot im Wald aufgefunden, erschlagen mit einem Stein. Hat Paul etwas damit zu tun? Und wie hängt der Mord mit dem mysteriösen Steinewerfer zusammen? Je weiter die Ermittlungen gehen, desto mehr verdüstern sich die Wolken…

Trailer

Interview
Fünf Fragen an Christian Schäfer (Regie & Produktion) und Glenn Büsing (Buch & Produktion)

„Trübe Wolken“ ist Euer Kinodebüt und ein Film über gleich mehrere Außenseiter. Was hat Euch zu der Geschichte inspiriert und wie habt Ihr zusammen den Stoff entwickelt?

Glenn: Mich interessierte von Beginn an diese Grundkonstellation: „junger Mensch – Schule – Thrillerhandlung“. Und dabei vor allem die Charaktere: Figuren mit diesem schmerzhaften Identitätskonflikt, mal so und mal so erscheinen zu müssen, in der Freiheit des Alleinseins Empfindungen und Erfahrungen kennenzulernen, die in Gegenwart anderer völlig außen vor gelassen werden. Und die Frage, worin das Ganze dann mündet. Dieses Spiel aus verschiedenen Außenwahrnehmungen, unausgesprochenen Hoffnungen und Manipulationen. Christian hat vor allem in der Endphase der Drehbuch-Entwicklung gute Ideen eingebracht, um der Dramaturgie den letzten Schliff zu verpassen. Mir hat viel bedeutet, dass er auch sehr früh die Charaktere in ihrer Eigenart ernst genommen und nicht versucht hat, sie zu glätten.

Der Film spielt an einem nicht näher bestimmten Ort. Warum war Euch diese Offenheit wichtig? Und wo habt Ihr tatsächlich gedreht?

Glenn: Eine konkrete Lokalisierung macht unseren Stoff nicht aus. Auch Paul hat ja vor allem eine Nicht-Persönlichkeit. In diesem Ungefähren liegt ein Kontrast, der uns interessiert hat, dieses schwer Greifbare aus banaler Alltäglichkeit und angespannter Tristesse, aus dem heraus nach und nach etwas entstehen kann. Das hätte keine schnelle Metropole, kein pittoreskes Oberbayern erzählen können. Wir haben zum größten Teil in Mittelhessen und dort vor allem im Lahn-Dill-Kreis am Fuß des Westerwalds gedreht, Christians Heimat. Einer Region, die – ohne den Leuten dort zu nahe treten zu wollen – erstaunlich viel von dem mitbringt, was dem Stoff liegt: viel Natur, graue Architektur, ein rauer Charme und eher traditionelle Strukturen bei gleichzeitig möglichst viel Anonymität.

Euer Film ist eine für das deutsche Kino sehr ungewöhnliche Mischung aus Coming-of-Age-Film, Thriller und Familiendrama. Welche Filme, Bücher oder Musik haben Euch am meisten beeinflusst?

Christian: Das stimmt wohl. Vermutlich liegt dieses für das deutsche Kino Ungewöhnliche darin begründet, dass einige andere Filmemacher*innen ihrer Filmidee gern etwas überstülpen, das einem vermuteten deutschen Filmgeschmack entgegenkommen soll. Wir wollten das aber nicht. Inspirationen gab es für uns eine ganze Reihe. Ursprünglich waren das tatsächlich US-amerikanische Arthouse-Filme, z. B. von Gus Van Sant. Aber auch Aspekte der Berliner Schule haben uns beeinflusst, dieses Changieren zwischen den Genres und der Impuls, sich nicht 100-prozentig auf etwas einzulassen. Uns interessierte das Erzählen von Schattenseiten des Alltags einer Figur, was wenigstens indirekt auch viele Aussagen über die Gesellschaft zulässt, in der die Figur lebt. Tatsächlich spielt an einigen Stellen mit „Nosferatu“ auch eine noch ältere deutsche Filmtradition hinein.

Im Film spielen mit Jonas Holdenrieder und Valerie Stoll zwei relative Newcomer, mit Devid Striesow aber auch ein sehr etablierter Film- und Fernsehdarsteller. Wie habt Ihr die richtigen Darsteller*innen für die Figuren gefunden?

Christian: Da ist viel dem Casting zu verdanken. Bei den jungen Hauptrollen war die Idee, dass Darstellerin und Darsteller gewisse Aspekte der Figur schon mitbringen sollten. Einfach Shootingstars zu besetzen, die durchaus auch zur Verfügung gestanden hätten, fand ich deswegen uninteressant. Bei der Figur von Devid Striesow sah die Vorbedingung etwas anders aus: Für Bulwer war es wichtig, jemanden zu finden, der nicht „wie die Faust aufs Auge“ zum „Rollenschema“ passt, denn das kann bei einem so eigenwilligen Charakter schnell falsch wirken. Ich suchte nach einem Schauspieler, mit dem man nicht gerechnet hätte, der aber dennoch die entsprechenden Qualitäten mitbrachte und mit dem ich die Rolle am Set erarbeiten konnte. Dafür war Devid Striesow extrem offen. Bulwer ist eine Rolle, die er noch nicht gespielt hat, und er hat sie auch nicht „klassisch“ verkörpert.

Der Film fängt die Tristesse, in der die Figuren zu leben versuchen, mit einem atmosphärisch dichten visuellen Konzept ein. Was war beim visuellen Stil des Films wichtig und wie habt Ihr ihn entwickelt?

Christian: Ähnlich wie schon bei der Genrefrage liegt die Antwort darin, keinem vorbestimmten Kamerastil zu folgen. Es ging zum einen darum, die Alltäglichkeit einer anscheinend gewöhnlichen Durchschnittsexistenz einzufangen: lange Schultrakte, der graue Montagmorgen, der alle gleich macht, oder das Sonntagnachmittagslicht, das beschaulich durchs Dachbodenfenster fällt. Dynamisiert wird das zum andern durch Bilder, die direkter wirken, düsterer, bedrohlicher. Dennoch ist es mir immer wichtig gewesen, ganz nah an der Hauptfigur zu bleiben, ohne von oben herab auf sie zu schauen. So entstehen auch in den weniger genrelastigen Alltags- und Familienszenen sehr beklemmende Momente für Paul.

Biografien

Das Herz von CHRISTIAN SCHÄFER (Regie) schlägt für Figuren, die anders sind. Sein Augenmerk liegt auf Charakteren, deren verborgene Schattenseiten nach und nach ans Licht treten. Aufgewachsen ist Schäfer in Herborn in Mittelhessen. Nach seinem Fachabitur im Bereich Sozialwesen arbeitete er bei Film- und Theaterproduktionen in der Aufnahmeleitung und Regieassistenz. Von 2013 bis 2018 belegte er an der Hochschule Macromedia in Köln das Studium Film und Fernsehen im Fachbereich Regie. Schäfer drehte 2014 „Zwei Gesichter“, den ersten Film zum Thema Homophobie im Fußball, der offiziell von Seiten des DFB unterstützt wurde. Der von der Film- und Medienstiftung NRW geförderte mittellange Spielfilm „Dieter Not Unhappy“ mit Christoph M. Ohrt, Leslie Malton und François Goeske in den Hauptrollen ist sein Abschlussfilm und feierte beim Filmfestival Max Ophüls Preis 2018 seine Uraufführung. „Trübe Wolken“ ist Schäfers Kinodebüt.

Filmografie Christian Schäfer:
  • 2014

    Zwei Gesichter (KF)

  • 2016

    Hiebfest (KF)

  • 2018

    Dieter Not Unhappy (MF)

  • 2021

    Trübe Wolken

JONAS HOLDENRIEDER (Paul) steht schon seit seinem 12. Lebensjahr für Kino und Fernsehen vor der Kamera. Inzwischen gilt der Münchner als begehrter Jungdarsteller. Großen Anteil daran hatten Auftritte im erfolgreichen Kinomehrteiler „Die Vampirschwestern“ (2012–2016) und in „Fack ju Göhte“ (2013) sowie seine Hauptrollen in „Das kleine Gespenst“ (2013) und in der ZDF-Fernsehfilm-Reihe „Marie fängt Feuer“ (seit 2016). 2019 war er erneut auf der großen Leinwand zu sehen: in Michael Bully Herbigs Thrillerdrama „Ballon“. Seit Herbst 2020 studiert Jonas Holdenrieder an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. „Trübe Wolken“ ist seine zweite Kinohauptrolle.

DEVID STRIESOW (Erich Bulwer) war in den 2000er-Jahren einer der Protagonisten der Berliner Schule und wurde daneben einem breiten Publikum als durchgehender Ermittler in den Krimireihen „Bella Block“ und „Tatort“ bekannt. 2008 folgte das Oscar-prämierte KZ-Drama „Die Fälscher“, in dem Striesow den ambivalenten Antagonisten Herzog gab. 2015 verkörperte er Hape Kerkeling in der Bestseller-Verfilmung „Ich bin dann mal weg“. Striesow wurde im Laufe seiner Karriere mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Filmpreis (2007), dem Hessischen Fernsehpreis (2011), dem Deutschen Schauspielerpreis (2015) und dem Bambi (2016).

VALERIE STOLL (Dala) spielt seit 2015 Theater in Potsdam. Seit 2017 verkörpert sie ebenso Film- und Serienrollen, darunter bereits einige Hauptrollen, so in dem Fernsehfilm „Wo kein Schatten hinfällt“ (2017) oder dem tragikomischen Ensemblefilm „Wir lieben das Leben“ (2018). Darüber hinaus war Stoll in „Parfum“ (2018) zu sehen, einer von Patrick Süskinds gleichnamigem Bestseller inspirierten Thrillerserie, sowie in den TV-Produktionen „Totengebet“ (2019) und „Helen Dorn“ (2020). 2019 war sie für den Bunte-New-Faces-Award sowie den Studio-Hamburg-Nachwuchspreis nominiert. „Trübe Wolken“ ist ihre erste Kinohauptrolle.

Credits

Crew

Regie

Christian Schäfer

Buch

Glenn Büsing

Kamera

Sabine Sina Stephan

Montage

Tabea Hannappel

Szenenbild

Katja Tauber

Musik

Philipp Schaeper, Christopher Colaço

Casting

Phillis Dayanir, Johanna Hellwig

Maskenbild

Katharina Lenz, Dean Lisfeld

Ton

Nick Friedrich

Sounddesign & Mischung

Jascha Viehl, Holger Buff

Colorgrading

Fabiana Cardalda

Regieassistenz

Florian Dick, Lydia Fischer

Aufnahmeleitung

Tobias Langer, Samira Jakobi

Produktionsleitung

Lotte Ruf

Produktion

Rabiatfilm GmbH

Redaktion

Christian Bauer (SR), Elisabeth Kobbe (HR)

Produzenten

Glenn Büsing & Christian Schäfer

Koproduzenten

Saarländischer Rundfunk, Hessischer Rundfunk

Förderungen

Hessenfilm und Medien, Film und Medienstiftung NRW

Cast

Paul Nebe

Jonas Holdenrieder

Dala Brünne

Valerie Stoll

Erich Bulwer

Devid Striesow

Per-Ulrich Nebe

Peter Jordan

Sylvia Nebe

Claudia Geisler-Bading

Max

Max Schimmelpfennig

Silas Nebe

Aurel Klug

im Verleih von Salzgeber