Auf DVD

Seestück

ein Film von Volker Koepp

Deutschland 2018, 135 Minuten, deutsch-schwedisch-dänisch-estnisch-lettisch-russisch-polnische Originalfassung, teilweise mit deutschen Untertiteln

FSK 0

Kinostart: 13. September 2018

Als DVD oder in der Kollektion

Seestück

Die Ostsee in ihren jahreszeitlichen Stimmungen, das helle Licht und die Luftspiegelungen, die Wolken am hohen Himmel, die Vögel im Sturm über den Wellen. Vor der magischen Naturkulisse begegnen wir Menschen, die an den Rändern der Ostseeländer leben: auf der Insel Usedom und an den polnischen Stränden, an den baltischen Küsten und den nördlichen Schären in Schweden. Fischer und Wissenschaftler, Seeleute und junge Menschen erzählen von ihrem Leben im Einklang mit der alle verbindenden Meereslandschaft, von ihrer Arbeit, ihren Erinnerungen und Hoffnungen. Sie entwerfen aber auch das Bild eines Alltags, in dem ökologische Probleme, politische Ost-West-Konflikte und nationale Egoismen allgegenwärtig sind.

Mit „Seestück“ schließt Volker Koepp einen filmischen Zyklus ab, den er mit „Berlin-Stettin“ (2010) begann. In diesem Film mischte der Regisseur in seine Beschreibung ostdeutscher Film- und Lebensräume erstmals auch autobiografische Bezüge. „In Sarmatien“ (2013) erweiterte den Blick auf die Region östlich der Weichsel und zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee. Mit „Landstück“ (2016) kehrte Koepp in die Uckermark nördlich Berlins zurück. „Seestück“ – ein Film über die Ostsee, über das Leben am Meer und mit dem Meer – schließt den Reigen nun ab. Wie in den Filmen zuvor spiegeln sich hier die Bögen der Historie in den privaten Lebensläufen der Gegenwart. Auch für die kleine Ostsee gilt: Landschaftsbild ist Weltbild.

Langinhalt

In der Bildenden Kunst werden Gemälde mit Motiven in maritimen Landschaften häufig als „Seestücke“ bezeichnet: Fischer bei ihrer Arbeit, Seeschlachten, Stürme, Schiffsuntergänge. Der neue Film von Volker Koepp schließt an diese Tradition an. „Seestück“ ist ein Film über die Meereslandschaft der Ostsee und die Menschen, die an ihren Küsten leben. Ein Leben am Meer und mit dem Meer.

Die Küstenbewohner im geografischen Raum der Ostsee teilen eine lange Geschichte, nicht nur des kulturellen Austauschs und Handels, sondern auch der Kriege, Teilungen und Vertreibungen.

Die Gegenwart ist geprägt von den Hoffnungen und Enttäuschungen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Immer wieder brechen alte und neue Konflikte auf. Großmanöver der Nato oder des russischen Militärs an den baltischen Küsten schüren alte Ängste. Hinzu kommen massive Umweltprobleme. Wie die Verschmutzung der Ostsee durch Plastikmüll oder Gifte und Nährstoffüberschüsse aus der industriellen Landwirtschaft. Der Rückgang der Fischbestände trifft vor allem die kleinen Familienbetriebe der Fischer, deren traditioneller Arbeitsplatz die Ostsee ist.

Durch Naturschutzräume werden Gaspipelines am Meeresboden verlegt. Offshore-Windanlagen entstehen in großer Zahl, Häfen werden für Großtanker erweitert. Millionen Menschen überqueren die Ostsee auf riesigen Kreuzfahrtschiffen. Die Ostsee ist auch ein Industriegelände.

Vor diesem Hintergrund erzählen die Protagonist_innen im Film von ihrem Leben, ihrer Arbeit, ihren Ängsten und Hoffnungen. Sie entwerfen ein Bild von unserer Gegenwart, in der ökologische Probleme, politische Ost-West-Konflikte und nationale Sichtweisen auf globale Entwicklungen treffen. Und es geht um die Mythen und Geschichten über das Baltische Meer, das seit jeher Maler, Literaten und Philosophen inspiriert hat. Die Gespräche im Film kreisen auch um Caspar David Friedrich, Kopernikus, Rousseau und Immanuel Kant.

Koepp beginnt seine filmische Reise auf der deutschen Insel Usedom und reist weiter über den Greifswalder Bodden und Rügen zur schwedischen Schärenküste bei Simpnäs. Von dort geht es nach Kalinigrad/Königsberg und weiter zum lettischen Strand am Kap Kolka und dem estnischen Fischerdorf Lindii. Dann zurück zu den Fischern vor Usedom, nach Warnemünde und zum polnischen Badeort Swinoujscie/Swinemünde. Von Rügen auf die dänische Insel Bornholm und über Lettland zum russischen Teil der Kurischen Nehrung und wieder zurück nach Greifswald.

Gedanklich schließt „Seestück“ im Besonderen an Koepps vorhergehenden Film „Landstück“ an, der 2015 in der Uckermark und deren unmittelbarer Umgebung gedreht wurde und vom Leben in einer sich veränderten Landschaft erzählt, von Bodenspekulation und den ökologischen Folgen einer industriellen Landwirtschaft.

Mit „Seestück“ schließt Volker Koepp zudem einen filmischen Zyklus ab, den er mit „Berlin-Stettin“ (2010) begann. In diesem Film mischte der Regisseur in seine Beschreibung ostdeutscher Film- und Lebensräume erstmals auch autobiografische Bezüge. „In Sarmatien“ (2013) erweiterte den Blick auf die Region östlich der Weichsel und zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee. Mit „Landstück“ (2016) kehrte er in die Uckermark nördlich Berlins zurück. „Seestück“ schließt den Reigen nun ab. Wie in den Filmen zuvor spiegeln sich hier die großen Bögen der Historie in den Lebensläufen der Menschen und ihrer Gegenwart. Auch für die kleine Ostsee gilt: Landschaftsbild ist Weltbild.

Trailer

Director’s Statement
Regisseur Volker Koepp über seinen Film

I
Wenn ich an Seestücke denke, dann denke ich zuerst an die großen filmischen Bilder, die ich mit oder ohne Kamera an der Ostsee erlebt habe. Natürlich sind es auch die Darstellungen in der Malerei, die immer wieder in Gedanken aufscheinen; schließlich ist der Begriff „Seestück“ ein fester Terminus in der Bildenden Kunst, gebräuchlicher noch als „Landstück“. Die Motive: die hohen Himmel über dem Meer und ihre Wolkenbildungen. Wellen und Stürme. Überhaupt: der Wind und die Elementarkräfte. Buchenwälder, die bis an die Strände reichen. Steilküsten und Wanderdünen. Die großen Ströme, die sich übers Haff ins Meer ergießen. Das winterliche Erstarren des Wassers an den Küsten, die bizarren Eisbildungen, Platten, die sich wie gefrorene Wellen übereinander schieben. Dies ist allerdings aufgrund der Klimaerwärmung nicht mehr oft zu erleben.

II
Wie bei „Landstück“ hat auch der filmische Ansatz für „Seestück“ autobiografische Züge. Die Ostsee, das kleine Meer, wurde neben den Hügeln Nordbrandenburgs und Vorpommerns zu meinem Sehnsuchtsort. Ich weiß nicht, wo ich das erste Mal ein Seestück sah. Im pommerschen Stettin, meinem Geburtsort, sicher nicht: Swinemünde war gerade zerbombt, das Foto am Strand, an dem meine Schwestern zu sehen sind, entstand vor meiner Geburt.

Wenige Jahre danach, im vorpommerschen Greifswald angekommen, habe ich erste Erinnerungen an den Bodden bei Eldena. Später, in den Fünfzigern, wird es konkreter. Die aufgeregte Stimmung am Berliner Ostbahnhof, von wo wir in die Sommerfrische nach Prerow aufbrachen. Die Wanderungen durch den Urwald zum Strand, die starke Brandung bei Westwind, die Windflüchte … Dann kamen die Touren mit der Schulklasse zur Ostsee.

Ab 1961 waren die vorpommerschen Küsten besonders stark bewachtes Grenzgebiet; Scheinwerfer und Soldaten scheuchten uns aus unseren Nachtlagern vom Strand. Als 1989 die Mauer fiel, drehte ich gerade mit Fischern auf Usedom. Bald darauf war auch der Weg zur Kurischen Nehrung frei, und wir drehten unsere ersten Filme im früheren Ostpreußen, an den russischen und litauischen Küsten der Ostsee.

III
Der geografische Raum der Ostsee hat eine lange Geschichte aus Kriegen, Teilungen, Vertreibungen und Flüchtlingsströmen. Mich interessieren die Geschichte der Deutschen und ihrer östlichen und nördlichen Nachbarn. Die Hoffnungen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Und die neuen Spannungen der letzten Zeit: Großmanöver der Nato an den baltischen Küsten und russische Scheinangriffe.

Zur Gegenwart gehören auch die starken ökologischen Probleme des Binnenmeeres Ostsee. Schon vor Jahren erzählten mir Fischer von Phosphor-Resten aus Weltkriegs-Munition in ihren Fischernetzen, mit denen sie sich die Hände verbrannten.
Heute leidet die empfindliche Ostsee an den negativen Folgen des Klimawandels. Durch die Erwärmung des Meerwassers bilden sich Blaualgenteppiche und Todeszonen immer weiter aus. Die allgemeine Verschmutzung der Meere, etwa durch Plastikmüll und Rückstände aus der Landwirtschaft, sind ein großes Problem.

Die Meerregionen unseres Seestücks sind das traditionelle Arbeitsgebiet der Fischer. Ihr Alltag hat sich durch den Rückgang der Fischbestände und die Regulierung durch EU- Normen und Fangquoten drastisch verändert. Der Verdienst ist so gering, dass viele ihren Beruf aufgeben müssen. Wie in der Landwirtschaft findet auch hier die Verdrängung durch hochtechnisierte, industrialisierte Unternehmen statt.

IV
Wie immer waren die Dreharbeiten für mich eine Entdeckungsreise. Der Reiseschriftsteller Willibald Alexis hat vor bald 200 Jahren notiert, dass der Wandernde, der vor seiner Reise schon alles weiß, unterwegs nichts mehr sieht und auch keine wirklichen Erlebnisse hat.

Für „Seestück“ bezieht sich das auch auf die für diesen Film so wichtigen Bilder und Stimmungen aus der Natur. Ohne direkt darauf zu sprechen zu kommen, soll man spüren können, warum die Ostsee eine so große Anziehungskraft für Maler und Literaten hatte und warum sie sich so besonders für die Bildung von Mythen eignete.

Biografie

VOLKER KOEPP (Regie)
1944: in Stettin geboren, aufgewachsen in Berlin
1962: Abitur in Dresden; Maschinenschlosserlehre
1963–65: Studium an der Technischen Universität Dresden
ab 1966: Studium an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg
1969: Diplom
1970–91: Regisseur im DEFA-Studio für Dokumentarfilme in Potsdam-Babelsberg und Berlin
ab 1992: freier Regisseur und Autor; Gastprofessuren in Babelsberg, Lehrtätigkeit an der Filmakademie Baden-Württemberg
seit 1996: Mitglied der Akademie der Künste
2002: Freedom Award der American Cinema Foundation Los Angeles
2003: Preis der DEFA-Stiftung zur Förderung der deutschen Filmkunst
2005: Georg-Dehio-Kulturpreis/Deutsches Kulturforum östl. Europa
2010: zum Professor h.c. des Landes Brandenburg bestellt
2014: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
2021: Ehrenmitglied der Deutschen Filmakademie

Filmografie (Auswahl):

  • 1971

    „Schuldner“

  • 1972

    „Grüße aus Sarmatien“

  • 1973

    „Gustav J.“

  • 1974

    „Slatan Dudow“

  • 1975

    „Mädchen in Wittstock“

  • 1976

    „Das weite Feld“, „Wieder in Wittstock“

  • 1977

    „Hütes-Film“

  • 1978

    „Am Fluß“, „Wittstock III“

  • 1979

    „Tag für Tag“

  • 1980

    „Haus und Hof“

  • 1981

    „Leben und Weben“

  • 1982

    „In Rheinsberg“

  • 1983

    „Alle Tiere sind schon da“

  • 1983-85

    „Afghanistan 1362: Erinnerung an eine Reise“

  • 1984

    „Leben in Wittstock“

  • 1985

    „An der Unstrut“

  • 1986

    „Die F96“

  • 1987

    „Feuerland“

  • 1988/89

    „Märkische Ziegel“

  • 1989/90

    „Arkona – Rethra – Vineta“

  • 1990

    „Märkische Heide, Märkischer Sand“

  • 1991

    „Märkische Gesellschaft“, „In Karlshorst“, „In Grüneberg“

  • 1992

    „Neues in Wittstock“, „Sammelsurium – Ein ostelbischer Kulturfilm“

  • 1993

    „Die Wismut“

  • 1995

    „Kalte Heimat“

  • 1996

    „Fremde Ufer“

  • 1997

    „Wittstock, Wittstock“

  • 1999

    „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“

  • 2001

    „Kurische Nehrung“

  • 2002

    „Uckermark“

  • 2004

    „Dieses Jahr in Czernowitz“

  • 2005

    „Pommerland“

  • 2006

    „Schattenland – Reise nach Masuren“

  • 2007

    „Söhne“, „Holunderblüte“

  • 2008

    „Memelland“

  • 2009

    „Berlin–Stettin“

  • 2011

    „Livland“

  • 2013

    „In Sarmatien“

  • 2016

    „Landstück“

  • 2017

    „Wiederkehr“, „Im Exil – Begegnungen mit Norman Manea“

  • 2018

    „Seestück“

  • 2023

    „Gehen und Bleiben“

BARBARA FRANKENSTEIN (Buch). Studium der Theater-Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte in Köln mit Magisterabschluß. Ab 1986 freie Tätigkeiten als Regieassistentin und Autorin für Fernsehproduktionen. Freie Redakteurin für Fernsehspiel und Dokumentarfilm im SFB/RBB. 1998 Gründung von Vineta Film und bis 2005 Tätigkeit als Produzentin. Zusammenarbeit mit Volker Koepp als Autorin und Dramaturgin seit 1998, zuletzt für den Dokumentarfilm „Seestück“ (2018).

Weitere Filme von Volker Koepp

Die Wismut

ein Film von Volker Koepp

Herr Zwilling und Frau Zuckermann

ein Film von Volker Koepp

Kurische Nehrung

ein Film von Volker Koepp

Uckermark

ein Film von Volker Koepp

Dieses Jahr in Czernowitz

ein Film von Volker Koepp

Schattenland

ein Film von Volker Koepp

Pommerland

ein Film von Volker Koepp

Söhne

ein Film von Volker Koepp

Holunderblüte

ein Film von Volker Koepp

Memelland

ein Film von Volker Koepp

Berlin – Stettin

ein Film von Volker Koepp

Livland

ein Film von Volker Koepp

In Sarmatien

ein Film von Volker Koepp

Landstück

ein Film von Volker Koepp

Wiederkehr

ein Film von Volker Koepp

Gehen und Bleiben

ein Film von Volker Koepp